OBERNKIRCHEN.
„Zu viele Pfunde auf den Rippen sind ungesund und unattraktiv.“ Diese
Botschaft aus den Modelshows im Fernsehen und von den Titeln der
Hochglanzmagazine verführt inzwischen nicht nur viele junge Mädchen zu
gefährlicher Magersucht, sondern treibt Scharen junger Männer in die
Fitness-Tempel. Während sich ein Teil der Deutschen mit Übergewicht
durchs Leben schleppt, hungert sich ein anderer buchstäblich zu Tode.
„Schön, doof!“ überschreibt die BKK24 deshalb eine Infokampagne, mit
der falsche Ideale der Generation zwischen 15 und 35 durch ein
Stückchen mehr Selbstvertrauen ersetzt werden sollen.
Beispiele ihrer eigenen Versicherten haben der Krankenkasse
gezeigt, wie extrem die Anzeige auf der Waage inzwischen in die eine
oder andere Richtung ausschlägt. Und dabei scheint es heute fast
leichter, mit den kostenlos angebotenen Programmen für eine gesunde
Ernährung, Bewegung und Lebensführung das Übergewicht zu bekämpfen, als
die zunehmende Mager- und Muskelsucht der jungen Männer und Frauen zu
stoppen. Woran liegt es, dass sich die inzwischen als „Kranke“
eingestuften Betroffenen gedanklich doppelt so viel Körperfett
zuordnen, wie sie tatsächlich auf die Waage bringen? Was bringt
Jugendliche dazu, exzessiv Gewichte zu stemmen und sich mit teils
verbotenen Anabolika voll zu stopfen? Mehr Antworten auf diese Fragen
erhofft sich die Kasse aus einer Diskussion im Internet, zu der am 20.
August neben Jugendlichen und deren Eltern auch junge Erwachse in das
Online-Forum unter www.bkk24.de eingeladen sind.
Zur Anorexie kommt bei weiteren mindestens 100.000 Deutschen die
als „Adonis-Komplex“ bezeichnete Biggerexie, der die gleichen Ursachen
unterstellt werden: Nicht allein der Druck der professionell gut
aussehenden Vorbilder soll es sein. Vielmehr erkennen die Ärzte und
Psychologen mangelndes Selbstwertgefühl als wahren Kern der Krankheit.
Die Betroffenen schätzen sich als unansehnlich ein und verfallen dem
zwanghaften Wunsch, ihren Körper neu zu formen. Dabei verweigern sie
das Essen, stecken sich nach den Mahlzeiten den Finger in den Hals und
pumpen nun auch ihre Muskeln mit lebensgefährlichen Substanzen vom
Schwarzmarkt auf. Besonders unter jungen Männern dürfte die
Dunkelziffer gigantisch sein. Sie schämen sich, mit Freunden oder
Medizinern über ihre von der Gesellschaft noch als „typische
Frauenkrankheit“ bezeichneten Essstörungen zu sprechen. Stattdessen
trauen sie sich nicht mehr ins Schwimmbad und tragen gleich mehrere
Schichten Kleidung übereinander, um für ihr Umf eld muskulöser zu
wirken. „Diese Schamgrenze gibt es bei einer Diskussion im Internet
nicht“, erläutert BKK24-Vorstand Friedrich Schütte den Grund, warum das
erste Treffen der „Anonymem Schlanken“ ohne Blickkontakt stattfindet.
Als Gäste unter www.bkk24.de
sind natürlich nicht nur die willkommen, die aus eigener Erfahrung von
der „Sucht nach Schönheit“ sprechen und darüber berichten können, was
sie ausgelöst hat. „Wir hoffen, damit auch Eltern und Angehörigen der
Betroffenen etwas mehr Einblick in die Gedanken und Gefühle ihrer
Kinder oder Partner vermitteln zu können“, so Schütte weiter. Denn wer
seinen Körper erstmal bis zu einem BMI unter 18 ausgemergelt oder
seinen Hormonhaushalt völlig durcheinander gebracht habe, sei nicht nur
krank, sondern unter Umständen sogar todkrank. Ohne professionelle
Hilfe gebe es kaum eine Chance, dieser gefährlichen Form der
„Selbstverstümmelung“ zu entkommen. „Wir bieten neben der Diskussion
auch Informationen zu diesen Themen auf unseren Internetseiten an.“
Der von einem Fachjournalisten moderierte Chat unter www.bkk24.de startet am Montag, dem 20. August, um 19.30 Uhr. Die Teilnahme ist anonym und kostenlos.