Anmerkung
der Redaktion: Die nachfolgende Pressemitteilung des BRBZ erreichte
uns nach unserem Artikel „Makler darf zu bAV Rechtsberatung
leisten“ vom 1.3.2012 im dvb-aktuell. Im Sinne einer Abwägung
unterschiedlicher Anschauungen wollen wir uns der Diskussion nicht
verschließen.
Der
Bundesverband der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung
und Zeitwertkonten e.V. (BRBZ) beobachtet, dass Versicherungsmaklern
aktuell wieder empfohlen wird innerhalb der Beratung zu Fragen der
bAV vollumfänglich rechtsberatend tätig zu werden. Diese
Handlungsempfehlung hält der BRBZ für verantwortungslos. Denn:
Versicherungsmaklern fehlt diesbezüglich der notwendige
Haftpflicht-Versicherungsschutz, sodass die Folgen einer etwaigen
Falschberatung für diese oftmals existenzbedrohend sind.
Zu
der in diesem Sachzusammenhang auf ein Urteil des Oberlandesgerichts
(OLG) Karlsruhe gestützten und unzutreffenden Rechtsauffassung, die
suggerieren soll, dass Rechtsberatung im Rahmen der bAV für
Finanzdienstleister bzw. Versicherungsmakler eine erlaubte
Nebenleistung nach § 5 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) sei, hatte
der BRBZ bereits mit seiner Pressemitteilung vom 01.10.2010 reagiert.
Ergänzend
stellt der BRBZ daher noch einmal klar:
1.
Das besagte Urteil des OLG Karlsruhe vom 08.10.2009 (4 U 113/09) geht
in keiner Art und Weise
auf die Fragestellung ein, ob Versicherungsmakler bzw.
Finanzdienstleister Rechtsberatung im Rahmen
der bAV als Nebenleistung gemäß § 5 RDG anbieten dürfen. Vielmehr
stellt das Gericht unter Punkt
II. f) seiner Begründung klar: »Die
Parteien streiten im Übrigen über die Rechtsfrage, in
welchem Umfang die Beklagte bei der Erarbeitung von Deckungskonzepten
für die betriebliche Altersversorgung
berechtigt ist, die entsprechenden Firmenkunden auch über
steuerrechtliche, arbeitsrechtliche,
gesellschaftsrechtliche und sonstige zivilrechtliche Fragen zu
beraten. Diese Fragen
spielen für die Entscheidung des Senats keine Rolle.«
2.
Die Aussage des Gerichts, »wonach Versicherungsmakler, die den
Auftrag haben, Kunden Verträge für
eine private Altersvorsorge vorzuschlagen bzw. zu vermitteln, in
diesem Zusammenhang auch berechtigt
sein sollen über diejenigen Fragen der Sozialversicherung zu
beraten, die für den Kunden bei
der Altersvorsorge eine Rolle spielen können«, stellt keine
Erlaubnis zur Durchführung der Rechtsberatung im Rahmen der bAV für
Versicherungsmakler und Finanzdienstleister dar. Denn das Gericht
stellt in einem urteilsbegleitenden Leitsatz wörtlich dar: »Soweit
der Versicherungsmakler im Bereich des Sozialversicherungsrechts
tätig werden darf, sind seine Befugnisse auf eine Beratung des
Kunden beschränkt. Der Versicherungsmakler ist in keinem Fall
berechtigt, den Kunden bei Anträgen gegenüber einem
Sozialversicherungsträger zu vertreten.« Somit untersagt das
Gericht den genannten Berufsgruppen
wesenstypische Merkmale einer Rechtsberatung, nämlich die
Rechtsbesorgung und die
Rechtsvertretung.
3.
Im Rahmen von Versicherungsmaklertätigkeiten in Form der Vermittlung
von Versicherungs- und Finanzdienstleistungsprodukten
neben der Rechtsberatung kollidieren die Interessen des Kunden an einer
unabhängigen Beratung mit den Interessen des
Versicherungsvermittlers an den Erhalt einer Provision
für die Vermittlungstätigkeit. Ob der Rechtsanwalt oder
Rentenberater dabei als Versicherungsvertreter oder als
Versicherungsmakler tätig wird, ist irrelevant. Es besteht somit in
beiden Fällen grundsätzlich eine Interessenkollision. Dies ergibt
sich auch aus der amtlichen Begründung zum RDG, wonach die
Rentenberatung und die Tätigkeit als Versicherungsvertreter bzw.
Versicherungsmakler unvereinbar
sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 67). Hierbei ist eine abstrakte
Interessenkollision bereits ausreichend. Diesbezüglich sind ferner
auch die Erkenntnisse zu § 7 Nr. 8 BRAO und die hierzu ergangene ständige
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Zweitberuf
übertragbar, wonach Rechtsanwälte nicht gleichzeitig als
Versicherungsmakler tätig sein dürfen. So hält der BGH die
Versagung der
Zulassung nach § 7 Nr. 8 BRAO vor allem bei einer Betätigung als
Makler für gerechtfertigt (BGH Beschl. v. 13.10.03,AnwZ(B) 79/02;
vgl. BRAK-Mitt. 2000, 43 zu Versicherungsmaklern; BGH BRAK-Mitt.
1994, 43; 1995, 123). Die Maklertätigkeit biete in besonderer Weise
die Möglichkeit, aus der
rechtsberatenden Tätigkeit stammende Informationen zu nutzen, so
dass das Vertrauen in die Rechtspflege
gefährdet sei.
4.
Hinsichtlich der ggf. irreführenden Aussagen des OLG Karlsruhe hat
sich zudem auch die führende Rechtswissenschaft
geäußert. So wird der Präsident des Deutschen Juristentages, Herr
Prof. Dr. Martin Henssler,
in der Ausgabe 17/2010 der »NZA« (Neue Zeitschrift für
Arbeitsrecht) mit den Worten zitiert: »Da
bei Versicherungsvertretern und -maklern bereits eine
abstrakt-generelle Gefahr einer Interessenkollision
bestehe und ihnen folglich eine entsprechende Haupttätigkeit
verwehrt sei, könnten sie
– entgegen einer aktuellen Entscheidung des OLG Karlsruhe (GRUR-RR
2010, 245) – erst recht keine
Rentenberatung als Nebenleistung erbringen.« (Vgl. Deckenbrock, NZA
17/2010, S. 992). Ergänzend hält Herr Prof. Dr. Henssler in bAV
Spezial 11/2010 des „personalmagazins“ zum genannten Urteil
wörtlich fest: „Aktuell hat aber das Oberlandesgericht Karlsruhe
zur Rechtsberatung als Nebenleistung eines Maklers entschieden: Er
sei – als zulässige Nebenleistung – dazu berechtigt, über die
Fragen der Sozialversicherung zu beraten, die für den Kunden bei
Altersversorgung eine Rolle spielen könnten. Leider befasst sich das
Gericht nicht mit dem Problem der Interessenkollision. Das Urteil
kann man daher nicht als abschließendes Votum ansehen.
Zum
Themenkomplex der unerlaubten Rechtsberatung im Rahmen der bAV hielt
Herr Prof. Dr. Henssler im Rahmen der „2.
BRBZ-Makler-Konferenz“
am 04.11.2011 in Köln darüber hinaus fest: „Die
Beratung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung befindet sich
im Umbruch. Nach heutiger Prognose wird sich die Möglichkeit einer
gleichzeitigen Registrierung von Maklern als Rentenberater nicht
dauerhaft durchsetzen, um das Problem der unerlaubten Rechtsberatung
im Rahmen der bAV zu umgehen. In diesem Zusammenhang ist auch die
Beschäftigung anwaltlicher Erfüllungsgehilfen als Subunternehmer
nicht ausreichend. Die sachgerechte und gesetzeskonforme Lösung
liegt dementsprechend in der Kooperation mit dazu befugten
Rechtsanwälten und Rentenberatern bei eindeutiger und rechtmäßiger
Aufgabenverteilung.“
Ergänzend
fügte Herr Dr. Volker Römermann, bundesweit führender
Berufsrechtler und Vorstand der Römermann Rechtsanwälte AG, im
Verlauf der Münchener Veranstaltung der „2.
BRBZ-Makler-Konferenz 2011“
am 11.11.2011 hinzu: „Weite
Teile des bAV-Beratungsmarktes befinden sich auf rechtlich höchst
problematischem Terrain. Dem alltäglichen Rechtsbruch muss im
Interesse des Verbraucherschutzes ein Ende gesetzt werden. Denn:
Schon wer ›irgendeine‹ Rechtsberatung anbietet, fällt in den
Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Eine
Ausnahme für Rentenberatung in Form einer Annexbefugnis gibt
es hierbei nicht. Ohne eine entsprechende Registrierung ist
Rentenberatung somit illegal. Nur Rechtsanwälte und
registrierte Rentenberater sowie in gewissem Umfang nach § 5 RDG
sonstige Berater, wie Steuerberater, sind zur rechtlichen Beratung in
der bAV außerhalb von autarken Belangen rund um einen Versicherungsvertrag
befugt, nicht aber Versicherungsmakler. Eine gleichzeitige
Registrierung als Rentenberater und
Versicherungsmakler ist in diesem Zusammenhang nach gefestigter
Rechtsprechung des BGH ebenfalls
ausgeschlossen.“
Die beschriebenen Rechtsauffassungen hat nun auch noch einmal der BGH in seiner aktuellen Entscheidung vom 20.09.2011 im Kern bestätigt (BGH vom 20.09.2011 - II ZR 234/09 -, NJW-RR 2011, 1670). So lautet ein Leitsatz der Entscheidung: »Der organschaftliche Vertreter einer Gesellschaft, der selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt, kann den strengen Anforderungen an eine ihm obliegende Prüfung der Rechtslage und an die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung nur genügen, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt und den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzieht.« Dem Versicherungsmakler fehlt es zwangsläufig an einer entsprechend notwendigen Unabhängigkeit, aufgrund seiner naturgemäß widerstrebenden Produktinteressen. Unabdingbar ist daher diesbezüglich ein befugter und unabhängiger Rechtsberater zu konsultieren.
Vor diesem Hintergrund freut sich der BRBZ, verantwortungsvoll handelnde Versicherungsmakler, Unternehmensberater und Rechtsberater zum „3. BRBZ-Rechtsberatungskongress zur betrieblichen Altersversorgung 2012 – Die Fakten zur bAV und Rechtsberatung“ begrüßen zu dürfen. Durch praktische und wissenschaftliche Expertisen auf höchstem Niveau lernen gerade Versicherungsmakler bzw. Finanzdienstleister den für sie rechtssicheren Weg in der qualifizierten bAV-Beratung unter Hinzuziehung befugter Partner kennen.
Der
»3. BRBZ-Rechtsberatungskongress« im Überblick:
Thema:
Die Fakten zur bAV und Rechtsberatung
Termin:
04. Mai 2012 von 9:00 bis 18:45 Uhr
Ort:
Köln, Dorint An der Messe Köln
Führende
Juristen und bAV-Experten liefern praktische und wissenschaftliche
Expertisen auf höchstem Niveau zu allen aktuellen Fachthemen und
Berufsrechtsfragen der bAV. Unter anderem:
Dr.
Volker Römermann,
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeits-, Insolvenz- und
Gesellschaftsrecht; Vorstand der Römermann Rechtsanwälte AG,
Hamburg/ Hannover; Lehrbeauftragter der Humboldt-Universität zu
Berlin.
Sein
Thema:Der
PENSIONS-SICHERUNGS-VEREIN im Blickpunkt: Aktuelle Diskussionen rund
um den PSV -
Systemfragen,
Beitragsfragen, CTA-Zusammenspiel
Dr.
Barbara Reinhard, Rechtsanwältin;
Partnerin Kliemt & Vollstädt, Frankfurt; vormals: Richterin am
Arbeitsgericht, NRW (1998 bis 2009) und wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Bundesarbeitsgericht, Erfurt (2005 bis 2007).
Ihr
Thema: Betriebliche Altersversorgung und kollektives Arbeitsrecht
Aktuelle
betriebsrentenrechtliche Fragen zur Mitbestimmung und zum
Betriebsverfassungsrecht
Prof.
Dr. Christian Rolfs, seit
2009 Professur am Kölner Institut für Versicherungsrecht der
Universität zu Köln; vorher ab 2001 Lehrstuhlinhaber für
Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht sowie
Versicherungsrecht an der Universität Bielefeld; Mitautor und
–herausgeber eines Standardkommentars zur betrieblichen
Altersversorgung.
Sein
Thema: Unisex in der bAV?
Die
Herausforderungen der Unisex-Entscheidung des EuGH für die
betriebliche Altersversorgung
Gudrun
Wagner-Jung, Dipl.-Finw.
und OARin; seit 1991 in der Steuerabteilung des Hessischen
Ministeriums der Finanzen tätig, dort seither für verschiedene
Sachbereiche des Lohn- und Einkommensteuerrechts zuständig. Derzeit
gehören u. a. die Besteuerung von Alterseinkünften,
Vorsorgeaufwendungen und betriebliche Altersversorgung zu ihrem
Aufgabenbereich.
Ihr
Thema: Aktuelles Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung
Aktuelle
steuerliche Anwendungsfragen zur betrieblichen Altersversorgung aus
Sicht der Finanzverwaltung
Jens
Intemann, Richter
am Niedersächsischen Finanzgericht; Vorträge und Publikationen zum
Ertragsteuer-/Körperschaftsteuer- und Verfahrensrecht; Mitautor des
EStG/KStG-Kommentars Herrmann/Heuer/Raupach und des AO-Kommentars
Pahlke/Koenig. Seit Sommersemester 2008 Lehrbeauftragter an der
Universität Osnabrück, Fachbereich Rechtswissenschaft am Institut
für Finanz- und Steuerrecht.
Sein
Thema: Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer
Aktuelle
Rechtsprechungsübersicht und Anwendungshinweise zur
(körperschaft-)steuerlichen Anerkennung
Dr.
Christian Reichel, PartnerBaker
& McKenzie, Partnerschaft von Rechtsanwälten,
Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors.
Sein
Thema: Anwendungspraxis der bAV: CTA-Modelle - noch immer aktuell?
Zweck,
Ausgestaltung, Alternativen
Prof.
Dr. Martin Henssler, geschäftsführender
Direktor des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der
Universität zu Köln sowie Direktor des Instituts für Anwaltsrecht
an der Universität zu Köln; Vorsitzender der Ständigen Deputation
und Präsident des Deutschen Juristentages. Herausgeber und Autor
zahlreicher Standardkommentierungen der Rechtswissenschaft.
Sein
Thema: bAV und Rechtsberatung: Berufsrecht der Rentenberater
Die
„anwalts-analogen“ Rechtsberatungsbefugnisse des „Rentenberaters“
im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung – Gutachterliche
Stellungnahme
Prof.
Dr. Thorsten Polleit, Ökonom;
Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Westfälischen
Wilhelms-Universität in Münster; Honorarprofessor an der Frankfurt
School of Finance & Management und Chief German Economist bei
Barclays Capital; Veröffentlichungen und Darstellungen für Presse,
Funk und Fernsehen.
Sein
Thema: Finanzierung von Pensionsverpflichtungen im Zuge der
Euro-Krise
Folgen
der Finanzmarktkrise für die betriebliche Altersversorgung
Moderation Prof. Dr. Achim Schunder, Rechtsanwalt, Schriftleiter »Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht« (NZA) und Berater »Neue Juristische Wochenschrift« (NJW), Frankfurt; Niederlassungsleiter der Verlag C.H. Beck oHG in Frankfurt; 2. Vorsitzender des Bundesverbandes der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten e.V.