Gesundheitssysteme weltweit: Von den Besten lernen

Das deutsche Gesundheitssystem steht vor Herausforderungen: Lange Wartezeiten auf Facharzttermine und eine ungleiche Verteilung medizinischer Einrichtungen zwischen städtischen und ländlichen Regionen sind nur einige Beispiele. Steigende Gesundheitsausgaben und der demographische Wandel üben zudem einen zunehmenden Druck auf das System aus, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung und die Aufrechterhaltung der Versorgungsqualität.

Michael Müller von der OECD und Professor Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin haben einen Vergleich angestellt, über den das Wirtschaftsmagazin brandeins in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Qualität vor Schnelligkeit - so lautet die Devise, wenn es um die Effizienz von Gesundheitssystemen geht. Die Bewertung basiert auf drei Hauptparametern: Zugang, Qualität und Mitteleinsatz.

Zugang: Hier belegt Deutschland einen Spitzenplatz. Patienten erhalten schneller einen Termin, was aber nicht unbedingt die Qualität der Behandlung widerspiegelt.
Qualität: Deutschland liegt im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld. Bewertet wurden Faktoren wie die medizinisch beeinflussbare Sterblichkeit und die Patientenzufriedenheit.
Mitteleinsatz: Hier sieht es düster aus. Trotz hoher Ausgaben schneidet Deutschland nur mittelmäßig ab.

Die Experten betonen, dass es kein perfektes System gibt, aber viele innovative Ansätze, von denen Deutschland lernen könnte. Solche Vergleiche mit anderen Systemen sind nach Ansicht der Autoren die Voraussetzung für fundierte politische Entscheidungen. Notwendig sei die Bereitschaft zur offenen und kritischen Reflexion, die den Verantwortlichen in Deutschland besonders schwer falle.

Singapur: Eines der besten Gesundheitssysteme liegt in den wichtigsten Rankings auf Platz 1.

Dänemark: Konzentration auf weniger, aber besser ausgestattete Krankenhäuser. Der Notarzt braucht vielleicht doppelt so lange, bringt die Patienten aber immer in Kliniken mit modernster Ausstattung. 

Skandinavien: Hier geht Qualität vor Zugang, mit Aufwertung der Pflegeberufe und Abgabe von Kompetenzen durch Ärzte. Das macht die Berufe inhaltlich und finanziell attraktiver. Diese hochqualifizierten Kräfte verdienen bis zu doppelt so viel wie normale Pflegekräfte.

Niederlande: Fokus auf weniger krankenhauszentrierte Systeme und bessere Primärversorgung durch niedergelassene Ärzte. Krankenschwestern und -pfleger sind oft besser ausgebildet und leisten daher bereits in der Hausarztpraxis eine bessere Versorgung.

Estland: Führend bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. 99 Prozent aller Daten im System sind digital verfügbar, selbst Todesfälle werden automatisiert an Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger und alle relevanten Institutionen weitergeleitet.

Italien: Italien setzt darauf, möglichst viele Menschen in kleinen Gesundheitszentren zu versorgen. Mehr als 1.000 solcher Einrichtungen entstehen derzeit in Italien, vor allem in Kleinstädten, in denen meist niedergelassene Allgemeinmediziner und hoch qualifiziertes medizinisches Fachpersonal praktizieren.

Großbritannien: Einzigartige Ansätze in der Gentherapie und pragmatische Entscheidungsfindung bei teuren Therapien. Dort hat ein Jahr vollkommener Gesundheit einen Wert von 70.000 Euro. Übersteigt der erwartete Gewinn an Lebensjahren die Kosten der Therapie, wird sie eingesetzt - wenn nicht, werden die Kosten nicht übernommen.

Singapur: Effizientes System mit einer Mischung aus öffentlicher und privater Kostenübernahme. Singapur hat derzeit eines der besten Gesundheitssysteme und liegt in den wichtigsten Rankings auf Platz 1.

Deutschland hinkt in vielen Bereichen hinterher. Das Missverhältnis zwischen Investitionen und Ergebnissen weist auf dringenden Handlungsbedarf hin. Besonders problematisch ist die Situation in den Krankenhäusern, die oft veraltet sind und in denen Patienten in ungeeigneten Einrichtungen landen.