Dobelli identifiziert die Selbstüberschätzung (Overconfidence) als einen der größten und gefährlichsten Denkfehler: „Wir überschätzen uns ständig, wir überschätzen unser Wissen, wir überschätzen, wie schnell wir sind, wir überschätzen, wie einfach Dinge sind." Ein weiterer klassischer Fehler ist der Survivorship-Bias, bei dem wir nur die Erfolgreichen sehen und dadurch ein verzerrtes Bild der Realität bekommen. „Niemand schreibt über Loser in den Medien. Die ganzen nicht erfolgreichen Pfade des Lebens, von denen es ganz viele gibt, die werden nicht abgebildet."

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Das führt dazu, dass wir irrationale Entscheidungen treffen – besonders bei Finanzanlagen. Wenn beispielsweise der Nachbar behauptet, mit Kryptos reich geworden zu sein, wollen wir das plötzlich auch, ohne die Risiken abzuwägen. Diese Fehlurteile sind in unserem Gehirn fest verdrahtet, da sie in der evolutionären Vergangenheit sinnvoll waren. In der heutigen komplexen Welt führen sie jedoch häufig in die Irre.
Radikaler Vorschlag: Nachrichtendiät für bessere Entscheidungen
Ein besonders provokanter Rat Dobellis betrifft den Nachrichtenkonsum: „Nachrichten sind für den Geist, was Zucker für den Körper ist. Im ersten Moment sehr attraktiv, es schmeckt wahnsinnig gut, aber wenn Sie sich nur von Zucker ernähren, dann werden Sie ein kurzes Leben haben." Dobelli selbst lebte zehn Jahre komplett ohne Nachrichtenkonsum und hat ihn inzwischen auf etwa fünf Minuten pro Woche reduziert. „Es wird jedes Jahr schwieriger. Deshalb mein Tipp an die Zuhörer: Wenn Sie noch aussteigen möchten, tun Sie es jetzt. In einem Jahr ist es schon viel schwieriger, in fünf Jahren wird es unmöglich sein."
Bessere Entscheidungen treffen
Bei wichtigen Entscheidungen empfiehlt Dobelli, diese bevorzugt am Vormittag zu treffen, wenn der Geist noch ruhig und ausgeruht ist: „Wenn Ihr Glukoseniveau tief ist im Blut, tendieren Sie dazu, schlechtere Entscheidungen zu treffen." Außerdem sollte man über wichtige Entscheidungen immer eine Nacht schlafen - ein Rat, den viele instinktiv befolgen, wenn sie abends E-Mails schreiben, aber erst am nächsten Morgen versenden.
Um Fehlentscheidungen zu vermeiden, empfiehlt Dobelli eine persönliche Checkliste mit den wichtigsten Denkfehlern zu erstellen und diese vor jeder Entscheidung zu konsultieren: „Bin ich da in eine Denkfalle getappt, habe ich Survivorship Bias, oder bin ich da Overconfident?"
Die Not-to-do-Liste für ein erfolgreiches Leben
In seinem neuesten Buch stellt Dobelli 52 Dinge vor, die man besser nicht tun sollte. Seine drei wichtigsten Not-to-dos:
- Seien Sie nicht unzuverlässig: Dobelli hat zahlreiche Geschichten von Misserfolg gesammelt und fast immer spielt Unzuverlässigkeit eine Rolle. „Ich kenne viele Leute, die sind nicht die schlausten, aber sie sind zuverlässig - und diese Kerle haben ein gutes Leben, weil die Leute gern mit ihnen kooperieren."
- Hören Sie nicht auf Ihre innere Stimme: Die innere Stimme ist keine zuverlässige Orientierungshilfe, sondern ein chaotisches Durcheinander verschiedener Stimmen. „Es ist ein Chaos, hören Sie nicht auf Ihre innere Stimme." Stattdessen sollte man nachweislich überdurchschnittliche Fähigkeiten identifizieren und diese weiterentwickeln.
- Vermeiden Sie die Inhaltsfalle: Konsumieren Sie nicht alles, was interessant erscheint. „Interessant ist das gefährlichste Wort heutzutage, weil das Sie verleitet, in eine Richtung zu gehen, aber Sie werden Ihre Zeit damit verschwenden." Konzentrieren Sie sich stattdessen auf Inhalte, die Ihre Kernfähigkeiten stärken.
Kampf gegen toxische Emotionen
Für ein gutes Leben empfiehlt Dobelli, toxische Emotionen wie Neid, Wut und Selbstmitleid zu eliminieren. Besonders Neid ist in Zeiten von Social Media zu einer großen Herausforderung geworden: „Social Media ist eigentlich eine Neidmaschine." Um Neid zu überwinden, hilft es zu verstehen, nach welchen Mustern er funktioniert: Wir sind vor allem neidisch auf Menschen, die uns ähnlich sind (Alter, Beruf) und geografisch nahe leben.
Das Gespräch mit Rolf Dobelli bietet praktische Tipps, wie wir klarer denken, bessere Entscheidungen treffen und ein zufriedeneres Leben führen können. Seine evidenzbasierten und oft überraschenden Erkenntnisse sind besonders für diejenigen wertvoll, die täglich Entscheidungen unter Unsicherheit treffen müssen.
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