
Ein Kommentar zum Vergleich von PKV und GKV
Dr. Johannes Neder
VEMA
In einer kürzlich durchgeführten Studie machte Premiumcircle auf Leistungslücken mehrerer Tarife der privaten gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung aufmerksam. Damit wurde klargestellt, dass die pauschale Aussage, die PKV wäre immer leistungsstärker als die GKV, schlichtweg falsch ist. Man wies allerdings auch darauf hin, dass in Teilen auch umfassendere Leistungen erbracht werden würden als von Krankenkassen. Die Medien zitierten die Studie in ihrer Berichterstattung gerne und malten erneut das altbekannte Bild der bösen Versicherung. Aber gibt es dafür denn wirklich einen Anlass?
Leistungen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung sind qualitativ und quantitativ nicht immer vergleichbar. Generell ist der Vergleich zweier ähnlicher, vom System her aber deutlich verschiedener Dinge, schwierig. Das wird in der öffentlichen Diskussion gerne ignoriert. In der privaten kann sich ein Kunde unter verschiedenen Leistungspaketen jenes heraussuchen, welches am ehesten zu seinen Vorstellungen passt. Es gibt Tarife mit gigantischen Leistungen und welche am anderen Ende der Leistungsskala. Jeder kann dort die Absicherung finden, die man sich wünscht. Und wenn dem nicht so ist, ist dem Verbraucher immer noch freigestellt, in der GKV zu bleiben. Es handelt sich um eine freiwillige Entscheidung, zu der niemand gezwungen wird. In der Gesetzlichen ist der Schutz allerdings weit weniger selbstbestimmt. Das Gros der Leistungen ist bei allen Kassen identisch, da diese gesetzlich vorgegeben sind. Eine ernsthafte Tarifvielfalt mit größeren Leistungsunterschieden gibt es im Grunde nicht. Durch die Mediendarstellung kann jedoch schnell der Eindruck erweckt werden, dass vorgegebene, gleichgeschaltete Leistungen der bessere Weg seien. Wie passt das zum Bild des mündigen Bürgers, des mündigen Konsumenten, das gerne herangezogen wird und dem Makler hunderte Seiten Bedingungswerk vor Vertragsabschluss zum Durcharbeiten aushändigen soll?
Und ist die GKV als leistungsmäßig höchst "dynamisches" Versorgungssystem wirklich dazu geeignet, verglichen zu werden? In der PKV sind Leistungen vertraglich fest geregelt: bis der Tod Kunden und Versicherer scheidet - wenn man alles laufen lässt. In der GKV gilt Sicherheit bis zur nächsten Reform. Und auch da wurden bereits "große Leistungen" einfach so gekappt. Erinnern Sie sich noch an das Beitragsentlastungsgesetz 1996? In diesem Jahr wurde der GKV-Zuschuss für alle nach 1978 Geborenen vollständig gestrichen. Zahnersatz war von da an Privatangelegenheit. Als Antwort darauf führte die PKV entsprechende Zusatztarife ein. 1998 wurde die Leistung dann doch wieder aufgenommen. Stabilität und Planungssicherheit gehen anders.
Erst kürzlich wurde der Zusatzbeitrag der GKV bei allen Kassen massiv angehoben. Die Arbeitgeber klagen über die Sozialabgabenbelastung. Wer garantiert den Versicherten denn, dass nicht wieder ein großer Leistungscut vorgenommen wird, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen? Dann wird evtl. Psychotherapie als immer größer werdender Kostenblock ausgemacht und gestrichen. Und ganz plötzlich ist der PKV-Tarif, der eben noch dafür kritisiert wurde, dass er schlechter als die GKV leistet, die viel bessere Wahl. Bei der PKV bleibt alles wie man es sich ausgesucht hat. Man kann sich also entsprechend vorbereiten.
Und dann haben wir da immer noch den nicht wegdiskutierbaren Beitrag der PKV am Strukturerhalt unserer Gesundheitsversorgung. Vor allem Landärzte profitieren gewaltig von den Mehreinnahmen, die sie durch ihre Privatpatienten haben. Der PKV-Verband veröffentlichte dazu erst 2023 einen Beitrag, in dem dies am Beispiel der Oberpfalz aufgezeigt wurde. Hier wurde der Reale Mehrumsatz eines niedergelassenen Arztes in Regensburg mit rund 59.000 Euro beziffert. Im Landkreis Tirschenreuth waren es hingegen mehr als 96.000 Euro. Dafür, dass 90 Prozent der Bevölkerung bei einer Krankenkasse versichert sind, sind das große Zahlen, die spürbar dabei helfen, dass eine Praxis auf dem Land überleben kann.
Also alles super mit der PKV? Nein, aber was ist schon perfekt? Mit einer S-Klasse können Sie auch keine Waschmaschine transportieren. Dennoch ist das in vielen Bereichen ein tolles Auto. Wie bei der Mobilität muss man auch bei der eigenen Krankenversicherung wissen, wofür man sich entscheidet. Online genug Wissen zu finden, um einem Fachmann wichtige Fragen zu stellen, ist keine Raketenwissenschaft. Daher stellt sich vielleicht lediglich die Frage, wer wirklich von der "Erkenntnis" der Studie benachteiligt wurde und weshalb. Wer nicht glaubt, Versicherungen einfach so online selbst machen zu können und stattdessen auf die Beratung durch einen soliden, fachlich versierten Versicherungsmakler setzt, dessen Chancen stehen gut, keine böse Überraschungen zu erleben zu müssen - in allen Versicherungssparten.
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