DAK-Chef Andreas Storm warnt vor massiven Beitragserhöhungen in der Kranken- und Pflegeversicherung durch den neuen Koalitionsvertrag von Union und SPD. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen kritisierte der Kassenchef, dass alle konkreten Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Beiträge aus dem endgültigen Koalitionsvertrag gestrichen worden seien.

Das Ziel kurzfristig stabiler Sozialversicherungsbeiträge wurde aus dem endgültigen Koalitionsvertrag gestrichen.
Friedrich Merz
CDU-Chef
"Wenn nicht nachgelegt wird, dann ist mit diesem Koalitionsvertrag ein Beitragstsunami vorprogrammiert", sagte Storm in dem Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen. In der gesetzlichen Krankenversicherung drohe ein Anstieg um mindestens einen halben Beitragssatzpunkt. Zusammen mit den steigenden Beiträgen zur Pflegeversicherung könnte sich der Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Richtung 43 Prozent bewegen.
Besonders kritisiert Storm, dass versicherungsfremde Leistungen wie die Kosten für die Bezieher von Bürgergeld in Höhe von jährlich zehn Milliarden Euro erneut auf die Beitragszahler abgewälzt würden. "Das ist nicht mehr erklärbar", betont der DAK-Chef. Gleichzeitig werde die Finanzierung der erweiterten Mütterrente ordnungspolitisch korrekt aus dem Bundeshaushalt übernommen.
Die Folgen könnten weitreichend sein: "Das bedeutet nicht nur eine Zumutung für versicherte Beschäftigte, Rentner und Arbeitgeber, das ist auch Gift für die Konjunktur", warnt Storm. Nach drei Jahren wirtschaftlicher Stagnation würden steigende Lohnnebenkosten den Aufschwung massiv gefährden.
Besonders dramatisch ist laut Storm die zeitliche Dimension: Erst Anfang 2027 soll eine Kommission Reformvorschläge vorlegen. "Das ist absurd. Wenn bis dahin nichts geschieht, werden bis zum Frühjahr 2027 ganze Teilbereiche unseres Gesundheitswesens kollabiert sein", befürchtet der Kassenchef.
Der 60-jährige Ökonom fordert noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz zur Stabilisierung von Gesundheit und Pflege. Dieses müsse kurzfristig sicherstellen, dass die Ausgaben im System nicht weiter stärker steigen als die Einnahmen. Neben Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung sei ein Mindestbetrag aus dem Bundeshaushalt notwendig, um die Finanzen zu stabilisieren.
Langfristig setzt Storm auf tiefgreifende Strukturreformen wie das vereinbarte Primärarztsystem, die Reform der Notfallversorgung und den konsequenten Umbau der Krankenhauslandschaft. Diese bräuchten aber Zeit und könnten nur bei stabilen Beiträgen erfolgreich umgesetzt werden.
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